Aus Sicht der Freien- und Hansestadt Hamburg (FHH) schützt das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) in seiner gegenwärtigen Fassung Kleinanleger nicht wirksam vor Vermögensverlusten. Aus diesem Grund hat die FHH beim Bundesrat einen Gesetzesentwurf (Drucksache 428/22) eingereicht, wonach das VermAnlG um eine generelle Deckelung der Anlagesummen je Investment entsprechend der individuellen Vermögenslage der Verbraucher ergänzt werden soll. Die bereits für sogenannte „Schwarmfinanzierungen“ einschlägigen Investitionsgrenzen sollten für alle im Vermögensanlagengesetz genannten Finanzanlagen verbindlich festgelegt werden.
Um den Anlegerschutz zu verbessern hat der Gesetzgeber im Juni 2021 das Vermögensanlagengesetz um ein grundsätzliches Verbot des Vertriebs sogenannter „Blindpools“ erweitert. Danach sind künftig Vermögensanlagen, bei denen das Anlageobjekt noch nicht „konkret bestimmt“ ist, nicht mehr zulässig (§ 5b Absatz 2 VermAnlG). Laut FHH sei diese Regulierung der Anbieterseite nicht geeignet, in der Zukunft hohe Kapitalverluste nennenswert zu begrenzen oder zu vermeiden. Denn: Im Rahmen einer Billigung des vom Gesetzgeber bei Vermögensanlagen vorgeschriebenen Verkaufsprospekts prüft die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) lediglich, ob der Verkaufsprospekt die gesetzlich geforderten Mindestangaben enthält und ob der Prospektinhalt verständlich und kohärent (widerspruchsfrei) ist. Sie prüft die Prospektangaben jedoch nicht auf inhaltliche Richtigkeit. Ebenso erfolgt weder eine Überprüfung der Seriosität des Emittenten noch eine Kontrolle des Produkts. Daher sei laut FHH, statt die Produktpalette zu regulieren, der Anlegerschutz durch Begrenzung der Anlagesummen und gesetzliche Widerrufregeln gegenüber Emittenten sowie Anlagevermittlern und -beratern zu stärken. Anleger erhielten so eine dem Wertpapierrecht vergleichbare Rechtsposition.
Mit der von der FHH vorgeschlagenen gesetzlichen Änderung werde die Regelung für die Anlagegrenzen von Schwarmfinanzierungen in § 2a Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 – 3 Vermögensanlagengesetz alte Fassung in einen neuen § 5d überführt und auf alle Finanzanlagen des Vermögensanlagengesetzes ausgeweitet. Die Unternehmen werden verpflichtet, die Höhe der Anlagesummen entsprechend dem Vermögen der Kleinanleger zu begrenzen, um diese wirksam vor riskanten Finanzanlagen und dem vollständigen Verlust ihres Kapitals infolge des Scheiterns einer einzigen Geldanlage, in die sie ihr gesamtes Kapital investiert haben, zu schützen. Ausgenommen werden Vermögensanlagen für soziale und religiöse Zwecke, weil sie vom Volumen wenig bedeutend sind, von ihnen keine erhebliche Gefahr ausgeht und sie in der Regel gemeinnützigen Zwecken dienen.
Zudem erhalten Anleger ein Rücktrittsrecht, wenn die für sie einschlägige Wertgrenze überschritten wurde. Dieses Rücktrittsrecht ist an die Sonderregelungen in §§ 19 ff., 37, 39, 56, 157 und 169 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) angelehnt. Die dem § 95 Absatz 2 VVG vergleichbare gesamtschuldnerische Haftung von Emittent, Anlageberater und Anlagevermittler soll vor Vermögensverlusten im Falle der Insolvenz oder Vermögenslosigkeit Emittenten oder der am Zustandekommen der Anlage Beteiligten schützen. Die BaFin wird zudem ermächtigt, Werbe- und Vertriebsverbote auszusprechen, wenn Verstöße gegen die Vorgaben des § 5d bekannt werden. (DFPA/JF1)
Eigene Recherche: Drucksache 428/22