Die bevorstehende Europawahl wird kurzfristig voraussichtlich keine signifikanten Auswirkungen auf die Kapitalmärkte haben. Allerdings könnten die langfristigen Folgen erheblich sein, da die anstehenden Aufgaben für die neue Legislaturperiode enorm sind und für viele EU-Mitgliedsstaaten von großer Bedeutung. Dies geht aus einer Analyse von Carsten Mumm, dem Leiter der Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt des Bankhauses Donner & Reuschel, hervor.
Es wird immer offensichtlicher, dass angesichts zunehmender geopolitischer Konflikte und der sich verändernden geoökonomischen Landschaft ein starkes und geeintes Europa auch für einzelne Volkswirtschaften von entscheidender Bedeutung ist. Selbst ehemals europakritische Parteien in Ländern wie Frankreich und Italien unterstützen mittlerweile die EU und die gemeinsame Währung.
Ein möglicher Regierungswechsel in den USA im Herbst könnte die Rolle Europas bei der Unterstützung der Ukraine im Konflikt mit Russland verstärken. Darüber hinaus ist ein geschlossenes Auftreten Europas in verschiedenen Bereichen von großer Bedeutung, sei es im Umgang mit China als zunehmendem Wettbewerber, den Herausforderungen des Klimawandels oder der Entwicklung von Standards für neue Technologien wie künstliche Intelligenz.
Die Schaffung einer Kapitalmarkt- und Bankenunion wäre ein wichtiger Schritt zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Auch die Koordination der Einwanderung spielt eine wichtige Rolle, da Einwanderer in vielen europäischen Ländern zu gesellschaftlichen Spannungen führen, während qualifizierte Zuwanderung benötigt wird, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Eine erhöhte Wahlbeteiligung bei der Europawahl nach bereits hohen 61 Prozent bei der letzten Wahl wäre ein positives Signal, insbesondere wenn europakritische Parteien schwach abschneiden würden. Angesichts globaler Herausforderungen wäre eine Rückkehr zur reinen Nationalstaatlichkeit der falsche Weg.