Wer ein Haus finanzieren will, muss in nächster Zeit mit steigenden Zinsen rechnen – und mit schlechteren Förderbedingungen. Ein Überblick.
Das Geld reicht einfach nicht – diese bittere Erkenntnis machen derzeit viele Mieter, die eine Immobilie kaufen möchten. Dabei sind die Bedingungen für eine Immobilienfinanzierung eigentlich ideal, denn der Arbeitsmarkt boomt, und die Bauzinsen befinden sich immer noch auf einem extrem niedrigen Niveau. Um die 1,5 Prozent kostete Mitte März laut Biallo-Baufinanzierungsindex ein Baudarlehen mit zehnjähriger Laufzeit. Der Index wird aus 112 Angeboten ermittelt. Wie billig das ist, zeigt der Vergleich mit früheren Jahren. Wer 2008 ein zehnjähriges Darlehen abschloss, zahlte um die fünf Prozent.
Trotz dieser Niedrigzinsen können sich viele Mieter den Immobilienkauf nicht leisten. Die Preise für Wohnungen und Häuser haben sich in etlichen Regionen so sehr verteuert, dass das Gehalt und das Ersparte nicht reichen. „Für den Erwerb einer Immobilie sollte ein Haushalt 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises gespart haben“, teilte das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) vor Kurzem mit. Die Hürde schaffen nach Angaben des IW derzeit nur elf Prozent der Mieter. Und so bewegt sich die Eigentumsquote hierzulande trotz des Immobilienbooms und billigen Baugelds kaum vom Fleck. Sie stagniere bei etwa 45 Prozent, schreibt das IW.
Wer derzeit auf der Suche nach einem bezahlbaren Objekt ist und dafür alle Finanzmittel zusammenkratzt, erfährt beim Blick auf die Zinsprognosen einen zusätzlichen Dämpfer. Die Zeiten der extrem günstigen Baudarlehen neigten sich dem Ende zu, heißt es in vielen Analysen und Marktberichten.
Wie stark die Bauzinsen tatsächlich steigen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum Beispiel vom Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB). Der liegt immer noch bei null Prozent, was nach Ansicht vieler Analysten auch erst einmal so bleiben wird. Der Anleihenmarkt beeinflusst die Zinsen ebenfalls. Banken, die Baugeld verleihen, finanzieren sich in der Regel über Pfandbriefe. Deren Verzinsung orientiert sich unter anderem an den Renditen der Bundesanleihen. Je niedriger die Zinsen für Staatsanleihen und Pfandbriefe sind, desto besser können die Banken sich refinanzieren. Den Vorteil geben sie an die Kunden über niedrige Bauzinsen weiter.
In den vergangenen Monaten haben die Zinsen für Anleihen jedoch angezogen. Fachleute führen das auf die wachsende Weltwirtschaft und einen Aufschwung in der Euro-Zone zurück. Hinzu kamen Spekulationen, dass die EZB ihr Kaufprogramm für Anleihen weiter straffen könnte. So rechnet Thorsten Walz, Kapitalmarktexperte der Bausparkasse Schwäbisch Hall, mit leicht steigenden Bauzinsen für dieses Jahr. Bei der Deutschen Bank geht man davon aus, dass die Zinsen bis Ende 2018 auf etwa zwei Prozent klettern werden. „Die steigenden Renditen für Bundespapiere sind eine längst überfällige kleine Marktkorrektur mit Blick auf die immer größer werdende Zinsdifferenz zu amerikanischen Staatspapieren“, sagt Finanzprofessor Klaus Fleischer von der Hochschule München. Die Auswirkungen auf die Bauzinsen dürften aber nicht überschätzt werden. Er geht davon aus, dass die vorerst eher stabil bleiben.
Baudarlehen In strukturschwachen Regionen verlangen die Banken mehr Geld
Dass Kaufwillige und Bauherren den Markt jedoch genau beobachten müssen, zeigt das nächste Beispiel: Die KfW will demnächst einige Konditionen verändern. Von Mitte April an bietet die bundeseigene Förderbank bei den Kreditfinanzierungen für energieeffiziente Neubauten keine 20-jährige Laufzeit mehr an, kürzt zudem die bereitstellungsprovisionsfreie Zeit von zwölf auf sechs Monate und lässt auch keine Sondertilgungen mehr zu.
Es wird für Kreditnehmer also nicht unbedingt einfacher. Mitunter kommt es sogar darauf an, wo man baut oder kauft. So offenbarte eine Untersuchung von Finanztest vor Kurzem, dass die Zinssätze von Immobiliendarlehen in strukturschwachen und ländlichen Regionen etwas höher ausfallen, weil die Banken dort weniger Konkurrenz haben und das Ausfallrisiko höher einschätzen. Die Direktbank ING Diba gibt wiederum bei Baudarlehen in einigen Regionen einen Zinsrabatt. Das Institut orientiere sich dabei vor allem an der Preispolitik anderer Banken in der jeweiligen Region, erklärt eine Sprecherin.
Wer einen Kredit benötigt, sollte also gut vergleichen und sich nicht unter Druck setzen lassen. „Man darf sich nicht aus Angst vor steigenden Zinsen in einen Immobilienkauf stürzen“, rät der Baufinanzierungsexperte Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen. Und man sollte wissen, dass sich selbst kleine Zinsunterschiede über die Jahre deutlich bemerkbar machen. So können die Mehrkosten bei einem Aufschlag von fünf Prozentpunkten einige Tausend Euro betragen.
Das Finanzportal Biallo.de zeigt, wie groß die Unterschiede derzeit beim Baugeld sind. Bei einer Darlehenssumme von 200 000 Euro, 2,5 Prozent Tilgung und 60-prozentiger Beleihung verlangt die Allianz zum Beispiel bei zehnjähriger Zinsbindung 1,27 Prozent effektiv, bei 15-jähriger Bindung 1,52 Prozent. Die Sparda-Bank München bietet in diesem Beispiel einen Kreditzins von 1,46 beziehungsweise 1,73 Prozent, die Postbank 1,76 beziehungsweise 2,03 Prozent und die BKM – Bausparkasse Mainz 2,01 beziehungsweise 2,31 Prozent. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren zahlen Allianz-Kunden insgesamt 21 943,14 Euro Zinsen, Kunden der Sparda-Bank München 24 882,60 Euro, Darlehensnehmer der Postbank 29 712,69 Euro und Kunden der BKM Bausparkasse Mainz 34 528,49 Euro. Vergleichen lohnt sich.
Besonders vertrackt ist die Situation bei Darlehensnehmern, deren Finanzierung in ein bis fünf Jahren ausläuft. Sie können sich die derzeitigen Billigzinsen aber mit einem Forward-Darlehen bewahren. Dabei handelt es sich um ein Annuitätendarlehen, das erst nach einer gewissen Vorlaufzeit ausgezahlt wird – quasi ein Beruhigungsmittel für Immobilieneigner, die sich vor steigenden Zinsen schützen möchten. Der Darlehensnehmer unterschreibt den Vertrag schon jetzt, fordert das Geld aber später an. Im Extremfall beträgt die Vorlaufzeit sogar 60 Monate.
Allerdings zeigt der Blick zurück: Diese Rechnung ging bisher eher nicht auf. „Bisher haben alle, die ein Forward-Darlehen abgeschlossen haben, draufgezahlt“, meint jedenfalls der Baufinanzierungsexperte Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen und betont: „Ein Forward-Darlehen ist eine Wette auf das künftige Zinsniveau.“ Hinzu kommt, dass die Aufschläge für diese Art von Darlehen in den vergangenen Monaten ebenfalls gestiegen sind. Wer sich die Zinsen für ein zehnjähriges Immobiliendarlehen zwei Jahre im Voraus sichern möchte, muss mittlerweile mit Aufschlägen in Höhe von 0,3 bis 0,4 Prozent rechnen. Immerhin: Ängstliche Immobilieneigentümer, die diesen Aufpreis in Kauf nehmen, können ihre Anschlussfinanzierung damit abhaken.
Quelle: Süddeutsche Zeitung
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