Die meisten Pflegebedürftigen werden zu Hause von Angehörigen versorgt. Das bedeutet oft eine hohe Belastung – auch weil viele Angehörige glauben, dass ihr Rund-um-die-Uhr-Einsatz für die Pflege zu Hause die einzige Alternative dazu ist, den Angehörigen in stationärer Pflege im Heim unterzubringen. Mancher, der alles selbst übernimmt, damit der pflegebedürftige Angehörige zu Hause wohnen bleibt, reibt sich dabei auf.
Dabei gibt es eine ganze Reihe Hilfen, die Sie beantragen und nutzen können, um die Situation für alle zu entspannen. Die gesetzliche Pflegeversicherung bietet neben dem Pflegegeld einige Leistungen, mit denen sich pflegende Angehörige deutlich entlasten können. Das sind z.B.
- die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst
- die so genannten Entlastungsleistungen
- Tages-, Nacht- oder
- Kurzzeitpflege
Die Leistungen können Sie auch miteinander kombinieren.
Wir zeigen mit einigen Beispielen, wie Sie die Pflege zu Hause um solche Hilfen ergänzen können:
Beispiel 1: Pflegegeld und Pflege durch ambulanten Pflegedienst
Herr Müller hat Pflegegrad 3. Bisher hat seine Ehefrau die Pflege vollständig übernommen. Die Pflegekasse hat Herrn Müller jeden Monat 545 Euro Pflegegeld ausgezahlt.
Jetzt schafft es Frau Müller nicht mehr, ihrem Mann beim Duschen zu helfen. Deshalb kommt nun 3 Mal in der Woche ein Pflegedienst. Die Mitarbeiter des Pflegedienstes helfen Herrn Müller beim An- und Ausziehen, Duschen, Kämmen und Rasieren. Dafür berechnet der Pflegedienst im Monat 389,40 Euro. Diese Sachleistungen rechnet der Pflegedienst direkt mit der Pflegekasse ab.
Im Pflegegrad 3 würde die Pflegekasse für solche Sachleistungen maximal 1298 Euro im Monat übernehmen. Da Herr Müller diesen Betrag nicht voll nutzt, kann er weiter Pflegegeld bekommen. Das Pflegegeld wird gekürzt. Und zwar genau um den Anteil, der von der maximal möglichen Sachleistung genutzt wird. Dabei kommt es auf allein auf den prozentualen Anteil an, nicht den Euro-Betrag.
Herr Müller bekommt Sachleistungen für 389,40 Euro im Monat. Er nutzt damit 30 Prozent des Maximalbetrages von 1298 Euro. Das Pflegegeld wird deshalb um 30 Prozent gekürzt. Statt bisher 545 Euro bekommt Herr Müller künftig 381,50 Euro Pflegegeld ausgezahlt.
Sie geben in einem solchen Fall also einen Teil des Pflegegeldes auf, lassen sich dafür aber durch Sachleistungen genau bei den Tätigkeiten zu Hause unterstützen, die Sie nicht mehr selbst bewältigen können.
Beispiel 2: Ergänzende Entlastungsleistungen
Bei Herrn Müller wird eine Demenzerkrankung festgestellt. Die Tochter erkundigt sich bei der Pflegekasse nach Wegen, die Mutter zu entlasten. Dort bekommt sie den Hinweis auf Entlastungsleistungen und einen Gesprächskreis für dementiell Erkrankte. Einmal in der Woche geht Herr Müller jetzt zu dem Gesprächskreis.
Die Rechnung von 94 Euro im Monat bezahlt Frau Müller und reicht sie dann bei der Pflegekasse ein. Die Kasse übernimmt die Kosten aus dem Entlastungsbetrag. Pflegebedürftige haben nämlich Anspruch auf zusätzliche 125 Euro monatlich.
Dieser Entlastungsbetrag ist zweckgebunden. Er wird nicht pauschal als Geldbetrag ausgezahlt. Pflegebedürftige legen stattdessen die Rechnungen bei der Pflegekasse vor. Erstattet werden Rechnungen für anerkannte Betreuungs- und Entlastungsleistungen.
Wird der Entlastungsbetrag nicht oder nicht voll genutzt, kann angespart werden. Das geht maximal bis zur Mitte des folgenden Jahres. So können auch einmalige höhere Ausgaben über den Entlastungsbetrag finanziert werden.
Der Pflegebedürftige bekommt in dem Beispiel also durch Entlastungsleistungen Unterstützung beim Umgang mit der Krankheit. Als pflegender Angehöriger können Sie die Zeit für sich nutzen und Kraft tanken.
Beispiel 3: Entlastungsleistungen aufstocken – Umwandlungsanspruch
Der Entlastungsbetrag von 125 Euro (siehe auch Beispiel 2) kann aufgestockt werden: Das geht dann, wenn Sie die Maximalbeträge für Pflegesachleistungen, also die Leistungen der Pflegekasse für professionelle Pflegedienste, nicht vollständig nutzen. Dann können Sie den Rest ebenfalls für Betreuungs- und Entlastungsleistungen nutzen. Das wird auch als Umwandlungsanspruch bezeichnet.
Es gibt aber eine Obergrenze. Höchstens 40 Prozent des Maximalbetrages für Pflegesachleistungen des jeweiligen Pflegegrades können so umgewandelt werden.
Herr Müller mit Pflegegrad 3 könnte also bis zu 40 Prozent von 1298 Euro, also maximal 519,20 Euro, für weitere Betreuungsleistungen nutzen, z.B. für eine stundenweise Betreuung, wenn sich Frau Müller mit ihren Freundinnen trifft. Soweit Herr Müller diese Umwandlungsmöglichkeit nutzt, verringert sich dann das Pflegegeld.
Auf diese Weise können Sie als pflegender Angehöriger deutlich längere Auszeiten bekommen und trotz der belastenden Situation zu Hause Raum für sich selbst schaffen. Das hilft besonders, wenn Sie die Pflegetätigkeiten körperlich zwar zum größten Teil schaffen, die psychische Belastung aber hoch ist. Wandeln Sie dann die Sachleistungen in höhere Entlastungsleistungen um.
Beispiel 4: Pflegegeld, Pflege durch ambulanten Pflegedienst und Tages- oder Nachtpflege
Die Erkrankung von Herrn Müller schreitet weiter fort. Gemeinsam mit Herrn Müller beschließt die Familie deshalb, zweimal in der Woche tagsüber das Angebot einer Tagespflegeeinrichtung zu nutzen. Die Teilnahme am Gesprächskreis endet. Die Mitarbeiter der Tagespflegeeinrichtung holen Herrn Müller an diesen beiden Tagen zu Hause ab. In der Einrichtung nimmt er an einer Gesangsgruppe teil, isst dort zu Mittag und wird nachmittags wieder nach Hause gefahren.
Für die Betreuung berechnet die Einrichtung 588 Euro im Monat. Diesen Betrag übernimmt die Pflegekasse komplett. Die Pflegekasse würde bei Pflegegrad 3 maximal 1298 Euro übernehmen. Zusätzlich zahlt Herr Müller einen Eigenanteil von monatlich 177 Euro für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten. Für diesen Eigenanteil nutzt Herr Müller den Entlastungsbetrag von 125 Euro im Monat.
Der Besuch der Tagespflegeeinrichtung hat keine Auswirkungen auf das Pflegegeld und die Pflegesachleistung.
Wenn der Pflegeaufwand steigt, ist oft der Punkt erreicht, an dem Sie größere Unterstützung brauchen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie sich zwischen Pflege zu Hause und Pflege in einem Heim entscheiden müssen. Kombinieren Sie die passenden Mittel miteinander, um mit einem geringen oder sogar ohne Eigenanteil zurecht zu kommen. Lassen Sie sich im Zweifel dazu beraten, zum Beispiel bei einem Pflegestützpunkt. Eine Übersicht über Einrichtungen in Ihrer Nähe finden Sie hier.
Beispiel 5: Pflegegeld, Pflege durch ambulanten Pflegedienst und Kurzzeitpflege
Frau Müller pflegt ihren Mann schon seit vielen Jahren und braucht dringend Erholung. Sie möchte gern eine Auszeit nehmen und mit einer Freundin verreisen. Damit ihr Mann in dieser Zeit gut versorgt ist, hat sie für ihn einen Kurzzeitpflegeplatz in einer nahen Pflegeeinrichtung organisiert.
Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt die pflegebedingten Kosten in der Pflegeeinrichtung von 840 Euro. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten von 1000 Euro muss Herr Müller selbst bezahlen. Für die Zeit in der Kurzzeitpflege wird die Hälfte des Pflegegelds weitergezahlt.
Die Pflegekasse übernimmt Kurzzeitpflege maximal für 8 Wochen im Jahr und höchsten bis 1612 Euro. Dieser Betrag kann verdoppelt werden, wenn der im Kalenderjahr noch nicht ausgeschöpfte Betrag für Verhinderungspflege zusätzlich eingesetzt wird.
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