Das von der britischen Regierung angekündigte „Mini-Budget“ sorgt für massive Verwerfungen am Anleihemarkt im Vereinigten Königreich, schreibt Mark Dowding, Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter Bluebay. In seinem aktuellen Marktkommentar analysiert er die möglichen Konsequenzen des Maßnahmenpakets.
„Wir sehen wenig Anzeichen dafür, dass die Regierung um Premierministerin Liz Truss ihre geplanten Steuersenkungen zurücknehmen wird“, so Dowding. Die Konzentration auf das Wachstum könnte jedoch schnell nach hinten losgehen, wenn die Bank of England (BoE) die Zinsen so schnell anheben muss wie von den Marktteilnehmern erwartet. Dowding: „Einfach ausgedrückt: sieben Prozent Hypothekenzinsen könnten zu einem Zusammenbruch des Immobilienmarktes und einem schnellen Ende der Amtszeit von Truss führen.“
Aus Sicht von Dowding sei es in vieler Hinsicht unwahrscheinlich, dass die Steuerpläne die Inflation – oder das Wachstum – sehr stark ankurbeln werden. Sie könnten als vorübergehend angesehen werden, da die Labour-Partei plant, sie wieder rückgängig zu machen. Außerdem treten sie erst ab April 2023 in Kraft. Da sie zudem den Wohlhabendsten zugutekommen, dürfte es kaum einen fiskalischen Multiplikator geben.
Die Begrenzung der Energiepreise dagegen habe dazu beigetragen, die Inflation im Vergleich zu den Prognosen der Zentralbank zu senken. Obwohl ein schwaches Pfund den Inflationsdruck verstärken könnte, waren die bisherigen Kursschwankungen gegenüber dem Euro im historischen Vergleich recht gering. Daher bezweifeln wir, dass die BoE zu einer außerordentlichen Zinserhöhung gezwungen sein wird – zumal ein solcher Schritt durchaus eine Vertrauenskrise gegenüber der Regierung auslösen könnte.
„Wir bleiben gegenüber britischen Staatsanleihen und dem Pfund zurückhaltend. Die Risikoprämien im Vereinigten Königreich sind gestiegen und wir vermuten, dass der Inflationsanstieg viel länger anhalten wird als in anderen Ländern. Wir bleiben jedoch bei unserer positiven Einschätzung zur Entwicklung der kurzfristigen Zinsen.
Das Jahr 2008 hat gezeigt, wie schnell aus einer Finanzmarktkrise eine Wirtschaftskrise wurde. Gegenwärtig scheint sich im Vereinigten Königreich eine Energie- und Wirtschaftskrise in eine Finanzmarktkrise zu verwandeln. Es ist sicherlich lehrreich wie schnell sich die Lage in kurzer Zeit ändern kann und wie gefährlich es für eine Schuldnernation sein kann, mit dem Vertrauen der Märkte zu spielen“, so Dowding abschließend. (DFPA/JF1)
Bluebay Asset Management LLP ist Spezialist für Fixed-Income-Management. Das Unternehmen mit Sitz in London verwaltet per Ende Dezember 2021 mehr als 128 Milliarden US-Dollar für institutionelle Anleger und Finanzinstitute. Bluebay hat Niederlassungen in Großbritannien, der Schweiz, Deutschland, Luxemburg, den USA, Japan und Australien. Bluebay Asset Management befindet sich zu 100 Prozent im Besitz der Royal Bank of Canada und ist Teil von RBC Global Asset Management.